Der Weg zur Andreasgemeinde

Aus Gemeinde im Gespräch, Nr. 2, Nov. 1963

Ehemals gehörten die Stadtteile Forstenried, Maxhof und das Dorf Neuried zur Apostelkirche in Solln. Eine direkte Verkehrsverbindung dorthin gab es nicht, und der Fußmarsch war weit. Daher wurden schon vor Jahren regelmäßig Bibelstunden in der Forstenrieder Schule und gelegentlich Gottesdienst im Maxhof abgehalten: mal in einer Gaststätte, mal in einem Kaffee. Hier oder in den Privatwohnungen begingen die evangelischen Christen auch die Feier des Heiligen Abendmahls. Bei aller Improvisation und Primitivität schenkte dieses gemeinsame Erleben unserer Gemeinde festen Zusammenhalt. Mehr und mehr Großstädter zog es an den Stadtrand, und damit wuchs auch die Zahl der evangelischen Gemeindeglieder in den genannten Bezirken, bis sie schließlich auf über 1.000 anstieg.

Die Eigenständigkeit beginnt

Und jetzt begann der Aufbau der Großsiedlung Fürstenried. Mit ihr wuchsen die Aufgaben des Pfarramtes der Apostelkirche derart, daß vom Landeskirchenamt eine dritte Pfarrstelle ausgeschrieben wurde, die die Gebiete Fürstenried I [Ost] und II [West], Kreuzhof, Forstenried, Maxhof und Neuried umfassen sollte. Am 1. März 1961 wurde die Stelle mit Pfarrer Dieter Seiler, bisher Stadtvikar an der Himmelfahrtskirche in Sendling, besetzt; seine Einführung erfolgte am 19. März 1961.

Damit war eine eigene Zuständigkeit geschaffen. Zunächst hieß es, die in dem neuen Siedlungsgebiet zuziehenden evangelischen Christen ausfindig zu machen und mit der Gemeinde in Verbindung zu bringen. Dazu wurde im Frühjahr 1961 der erste Besuchsdienst eingerichtet. 250 freiwillige Helfer aus allen Münchner Gemeinden besuchten sämtliche bezogene Wohnungen und ermittelten so Namen und Anschriften der neuen Gemeindeglieder. Das wiederholte sich im Herbst 1961 und 1962 in den jeweils neu bezogenen Wohnungen: ein nicht ganz einfaches Unterfangen, doch war nur auf diese Weise an die Menschen heranzukommen. Manch tastendes Gespräch und erste Kontakte brachten neben den Adressen schöne Erfolge.

Vom Wirtshaussaal zur Notkirche

Ostern 1961 fand der letzte Gottesdienst im Wirtshaus statt. Vierzehn Tage später diente das Maxhof-Kino als provisorischer Gottesdienstraum und blieb es ein halbes Jahr lang. Allsonntäglich wurde vor den Stuhlreihen ein Tisch mit Kruzifix und Leuchtern als Altar hergerichtet, ein Harmonium herbeigeschafft, dem allerdings der ständige Transport nicht sonderlich gut bekam. Der weite Kinosaal ließ das kleine Häuflein der Gläubigen recht verloren erscheinen, doch die eigenartige Atmosphäre knüpfte ein immer festeres Band um die Gemeinde. Als eine der letzten Aktionen wurde im Kino die Wahl des Kirchenvorstandes vorbereitet.

Am 1. Advent konnte unsere Gemeinde dann erstmals ein eigenes Gotteshaus beziehen: die kleine Notkirche an der Fritz-Baer-Straße. Die Farbe der frisch gestrichenen Wirtshausstühle klebte noch ein wenig, doch das tat der Freude, nun einen würdigeren Rahmen für den Gottesdienst gefunden zu haben, keinen Abbruch.

Der Schritt zur Andreaskirche

Kurze Zeit später fand die Wahl des Kirchenvorstandes statt, der am Weihnachtstag feierlich vor dem Altar verpflichtet wurde. Auf seiner ersten Sitzung beantragte er, die bisherige Tochterkirchengemeinde umzuwandeln in eine eigene evangelisch-lutherische Pfarrkirchengemeinde Fürstenried. Diesem Antrag entsprach der Landeskirchenrat am 10. März 1962, gleichzeitig wurde im Einvernehmen mit ihm der Name ANDREAS-GEMEINDE festgelegt.

Dem Pfarrer beigegeben wurden eine Vikarin, Fräulein Charlotte Krüger, ein Diakon, Herr Johannes Bräunlich, und als Pfarramtshelfer Herr A. Berger. Inzwischen, am 20.5.62, fand die Grundsteinlegung des neuen Gotteshauses in Fürstenried II statt. Strömender Regen begleitete den feierlichen Akt. Sein Prasseln auf unzähligen Regenschirmen verschlang alle Ansprachen, doch konnte das die Freude nicht beeinträchtigen. Desungeachtet wurde unser Notkirchlein nicht vernachlässigt. Es erhielt ein eigenes Kruzifix und Altarleuchter, gestaltet von Freimut Scholz in Bonn.

Der Neubau wuchs – das Pfarrhaus konnte bereits im November 1962 bezogen werden – und im Sommer des Jahres 1963 begingen wir das Richtfest. (...)

Quelle: Gemeinde im Gespräch, Nr. 2, November 1963